Manchmal muss man eben fremdgehen…
…das verstehen Sie doch. Oder? ODER?
Es gibt Tage, da ist das Wetter zu schön, um Stunden seiner Zeit in einer Schwimmhalle zu verbringen. Was also tun, wenn einen der Bewegungsmangel antreibt? Das Wasser im Weiher ist noch immer zu kalt, um sich im 5mm Neoprenanzug hineinzustürzen. Die Freibadsaison hat zwar hier und dort begonnen, aber irgendwie doch kein guter Plan.
Also auf’s Rad.
Wie schön, dass ich vor einigen Wochen per Rundmail an alle Kollegen eingeladen wurde, bei einer Feierabend-Radeln-Gruppe mitzumachen. Wie schön, dass mir diese Mail wieder Lust auf’s Radfahren gemacht hat. Nicht, dass bisher eine solche Kollegenfahrt stattgefunden hätte; nicht, dass ich ein ausgesprochen begeisterter Teamradfahrer wäre. Aber Bewegung tut not – und warum nicht auch mal mit anderen gemeinsam die Radreviere südlich von München ausprobieren?
Also habe ich mein mittlerweile etwas in die Jahre gekommenes Mountainbike herausgekramt und auf Vordermann gebracht. Es wird zwar hin und wieder genutzt, aber nicht allzu oft. Die meiste Zeit staubt es einsam und unbewegt in einem Verschlag dahin. Dabei bietet das Hinterland unseres Wohnortes ein paar wunderbare Routen kreuz und quer durch die Wälder und Felder im nahegelegenen Isental – Ja genau, diese wunderbare Landschaft, die schon bald dem nächsten Bauabschnitt der A94 zum Opfer fallen wird.
Um zu probieren, ob ich radfahrfit und -fähig genug bin, um mit den Kollegen mitzufahren, teste ich das Bike ein paar Mal.
Erster Lerneffekt: Ich werde vergesslich. Meine Radlerhose ist längst im Müll, es gibt auch kein geeignetes Trikot mehr, von den Handschuhen ganz zu schweigen. Alles habe ich, seit ich nur noch so ein wenig durch’s Dorf fahre, irgendwann weggeworfen.
Wie üblich also starte ich also meine sportlichen Ertüchtigungen mit einer ausgiebigen Shoppingtour. Wie gut, dass das von mir – natürlich mit dem Pkw – angesteuerte Sportgeschäft just an diesem Wochenende eine Mehrwertsteuerakion durchzieht. Was heißt: Man zahlt nur den Nettopreis. Das ist spitze, dann darf es schon mal etwas mehr sein.
Am Sonntag verabschiede mich kurzerhand daheim für eine größere Runde. Frisch ausgestattet in neuen Klamotten mit meinem nach wie vor sehr geliebten Oltimer Centurion Weasel.
Es läuft. Wunderbar.
Weniger wunderbar ist, dass meine Kondition eher bescheiden ist. Man muss nicht glauben, nur weil man ohne Probleme 3,5km am Stück im Schwimmbad schafft, dass man automatisch auch nur einen der vielen kleinen Uphills auf der Strecke ebenso locker hinzubekommt. Das ist natürlich keine Überraschung, ändert aber nichts daran, dass ich immer wieder ganz schön ins Schnaufen komme.
Bei den fast brettebenen Kurztouren im Kiesland Richtung München war das kein Problem, aber jetzt, im Wald vor Isen bin ich froh, wenn ich zwischendurch mal hin und wieder ein gerades Stück vor dem Lenker habe. Egal, ob es dann noch ein Weg ist oder nur noch eine Trittspur über eine Wiese…
Trotz der vielen Verschnaufpausen, die ich natürlich damit kaschiere, einen unbedingt überlebensnotwendigen Schluck aus der Trinkflasche zu nehmen (als ob man das nicht unter der Fahrt genauso könnte), komme ich irgendwann doch weiter und in den Tritt. Die Pausen werden seltener, das Ganze war auch bestimmt am Anfang nur deshalb so schwierig, weil ich alter Büromensch eine Überdosis Sauerstoff abbekommen habe. Da muss sich mein Körper erst wieder daran gewöhnen.
Ich genieße die Fahrt, die spontanen Entscheidungen, ob ich in einen Seitenweg abbiege oder nicht, bin überrascht, wo ich plötzlich herauskomme (das kenn ich doch, hier war ich schon mal) und fahre…. und fahre… und fahre.
Natürlich habe ich keinen „Bordcomputer“ dabei. Nicht, dass ich keinen hätte; die ehrliche Antwort, warum ich ihn dann nicht ans Rad geklemmt habe, ist: Ich habe einfach nicht daran gedacht. Mangelnde Routine eben.
Aber selbst wenn ich daran gedacht hätte, ich hätte vermutlich nicht gewusst, wo ich das kleine Miststück hätte suchen sollen. So nehme ich mir vor, zumindest mal eine geeignet App auf’s Handy zu laden. Schon wegen der Fotos habe ich das ja sowieso dabei. Und das kleine Kästchen für die Lenkstange findet sich sicher auch irgendwo. Wenn es nicht ebenfalls im Müll gelandet ist.
Eine wunderbare Tour geht irgendwann zu Ende, als ich den Kirchturm unseres Dorfes hinter den Bäumen erblicke. Längst bin ich wieder im vertrauten Gelände.
Radfahren ist halt doch noch mal was anderes, als stupides Kachelzählen. Und daher werde ich in Zukunft öfter fremd gehen. Denn mein Ziel ist es ja nach wie vor nicht, Bestzeiten zu erschwimmen oder meine Reicheweite auf Ärmelkanalbreite auszudehnen. Ich will ja nur etwas Bewegung, Kondition, Fitness, überflüssige Kilos verbrennen – mehr nicht. Da finde ich Radfahren genauso passend wie Schwimmen. Es hat, das entdecke ich gerade neu, auch seine Vorzüge. Ich werde es genießen. Wie den Sauerstoff, wie die Sonne, wie das Gefühl, Strecke gemacht zu haben, wie alles andere:
Entdecke mehr von Mal Zwetschgenmann - Mal Wassermann
Subscribe to get the latest posts sent to your email.
Und die nächsten Tage steigste eh auf kein Rad, weil das Gesäß der Schonung bedarf! :-)