Mal was Politisches: Die Kakistokratie

Es ist an der Zeit, ein nahezu gänzlich unbekanntes Wort zu etablieren: Kakistokratie.
Einfach gesprochen ist Kakistokratie das exakte Gegenteil der Aristokratie. Was letztere ist, dürfte hinlänglich bekannt sein, wobei die heutige Bedeutung des Wortes mitnichten ihrer ursprünglichen entspricht. Einst nämlich im antiken Griechenland war die Aristokratie durchaus Bestandteil gelebter Demokratie, als das Volk herrschte und die Macht und damit die Regierungsgeschäfte an die Besten, die Qualifiziertesten, die Fähigsten, vielleicht auch die Intelligentesten übertrug.
Und das war nicht zwingend der Adel.

Da Selbiger im Laufe der Geschichte sich wie selbstverständlich als qualifiziertest, fähigst, vielleicht auch intelligentest sah, übertrug sich eben der Begriff Aristokratie auf adliges Geblüt. Die Kakistokratie ist nun das exakte Gegenteil davon, also die Macht und die Regierung auf die schlechtesten, inkompetentesten, unfähigsten und vielleicht auch dümmsten Menschen zu übertragen, die zur Vergügung stehen. Der Begriff ist erst seit dem 19. Jahrhundert nachweisbar. Vorher bedurfte es seiner vielleicht auch nicht, denn in monarchischen Systemen stellte sich der Bevölkerung die Frage gar nicht erst, wer denn nun die Regierungsgeschäfte übertragen bekommen sollte. In den wenigen Demokratien stand die Möglichkeit gar nicht im Raum, die Macht ausgerechnet in die Hände derer zu legen, die keinerlei Kompetenz dafür nachweisen konnten. Es wäre einfach zu absurd gewesen, nicht mal ein Gedankenspiel wert.
Der Mathematiker und Dichter Abraham Gotthelf Keller (1719 – 1800) war einer der ersten, der diesen Begriff verwendete. Im Blick hatte er die Schreckensherrschaft des Wohlfahrtsausschusses während der Revolution im benachbarten Fracnkreich. So, als habe das Volk die Macht in dessen Hände gelegt und nicht andersherum der Ausschuss die Macht ohne eine echte Legitimierung an sich gerissen.

Leider ist der wunderbare Begriff der Kakistokratie mittlerweile aus der Mode geraten. Das gilt es zu ändern.
Für alle, die es näher wissen wollen: Er enthält das aus dem Altgriechischen stammende κάκιστος (kákistos), was deutsch ‚am schlechtesten‘, bedeutet. Es ist der Superlativ von altgriechisch κακός  (deutsch ‚schlecht‘). Mit dem liebevollen Wort Kacke ist das übrigens nicht verwandt, wie man vielleicht meinen könnte, das wäre auch zu einfach gewesen. Sein zweiter Bestandteil stammt aus dem Altgriechischen κρατία kratia, (deutsch ‚Herrschaft‘).

Gelegenheiten gäbe es viele, Regierungsformen als Kakistokratie zu bezeichnen. Spontan könnte man an die USA denken, denn auch hier scheint die Macht in die Hände der denkbar schlechtesten und inkompetentesten Menschen gelangt zu sein, ergänzt vielleicht noch um die Einstufung der egoistischsten oder gleich egomanischsten, rücksichtslosesten, unanständigsten, skrupellostesten… die Liste möglicher weiterer Adjektive ist lang. Nicht, dass es nicht noch ungeeignetere Personen gegeben hätte, aber die standen nicht zur Verfügung bzw. zur Wahl. Anders als im bereits erwähnten Beispiel Frankreichs aber ist diese Regierung demokratisch legitimiert, also gewählt. Das Volk also wollte es so. Oder es hat einfach nicht verstanden, was es da tut und hatte zu wenig Weitsicht und/oder war zu wenig willens, über die Konsequenzen einer drohenden Kakistokratie nachzudenken.

Und hier? Steuern wir auch auch auf eine Kakistokratie zu? Dass die schlechteste aller Alternativen für Deutschland, die für die bevorstehende Bundestagswahl angetreten ist, diese gewinnen wird, um Einzug im das Kanzleramt zu halten, steht nun nicht gerade an. Was nicht heißt, dass – nur wenn es nicht die Schlechtesten, Inkompetentesten Skrupel- und Anstandslosesten sind, denen das Volk die Regierung anvertraut – damit alles gut wäre.
Das ist es nicht.

Wählt also diesen Monat weise – Kakistokratien gibt es schon genug.
Es braucht keine weitere. Im Gegenteil!


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4 Antworten

  1. Mitzi sagt:

    Danke. Ich hab diesen Begriff tatsächlich noch nie gehört. Danke auch für die wirklich gute Erklärung. Dann hoffen wir weiter auf den Wahltag und das Ergebnis.

    • Lutz Prauser sagt:

      In der Tat taucht es erst jetzt wieder öfter auf Social Media Plattformen wie BlueSky in der englischen Variante Kakistocracy auf, vornehmlich in amerikanischen Accounts…
      Warum wohl?

  2. nömix sagt:

    Vor Jahren schlug ich für diese Regierungsform den Begriff “Kretinokratie“ vor:
    https://noemix.wordpress.com/2009/04/21/21-april-5657694/

    »Es wäre wünschenswert, wenn sich Politiker vor Amtsantritt einem Eignungsverfahren
    unterziehen würden.«  (Othmar Hill, Personalberater)
    Haha. Der war gut.

  3. Axel sagt:

    Beschämender war 80 Jahre nach der Ausschwitzbefreiung die Abstimmung zum Merz-Papier. Das war auch Kakistokratie in Reinstform.

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