Sonntag, das ist,… (22): Manchmal die Füße hochlegen

Sonntag, das ist, manchmal die Füße hochlzuegen.
So ganz stimmt das nicht, aber manchmal eben doch. Dann gönnen wir uns das Vergnügen, uns auf die Liegeplätzen im Kino in der Kreisstadt in der letzten Reihe hinzufläzen.
Das Sonntagskino in der Vorabendvorstellung, also so gegen 17 Uhr ist irgendwie wie geschaffen für eine Klientel, die es nicht so rummelig voll mag wie abends, vor allem am Freitag oder Samstag. Und es kommt sowohl dem Bedürfnis der berufstätigen Bevölkerung entgegen, die morgens früh aufstehen (müssen) und demzufolge vielleicht nicht erst gegen Mitternacht schlafen gehen, wenn der Film aus und man selbst wieder daheim ist.
Es kommt auch denen gelegen, die zum sonntäglichen Tatort wieder vor dem Fernseher sitzen möchten, was angesichts dessen, was man gerade im Lichtspieltheater erlebt hat, irgendwie absurd ist.
Vom Kino(film) direkt vor den Fernseher… muss nicht sein.
Und so legen wir gelegentlich die Füße hoch oder stellen sie unter den Kinositz im Programmkino und genießen Filme, die vielleicht nicht jedermanns Geschmack sind, aber doch ihr Publikum finden. Das sind Filme, die auf die Leinwand gehören schon allein deshalb, weil man sich im Kinosaal ganz anders auf einen Film einlässt bzw. konzentriert als daheim. Das fängt schon damit an, erst nach der Vorstellung in der IMDB nachzuschauen, woher man dieses oder jenes Gesicht kennt, eine Synchronstimme zu ermitteln oder nur zu schauen, wer auf WhatsApp vorgesprochen hat und um Rückmeldung bittet.

Füße hochlegen auf Luxusplätzen in Kinos.
Das alles würde man vermutlich vor dem Fernseher machen und vielleicht noch mehr.
Ein Gedanke: Hat nicht Simon Rattle, der ehemalige Chefdirigent der Berliner Philharmoniker und jetzige Leiter des Chors und des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks gesagt: „Musik ist kein Luxus, sondern schiere Lebensnotwendigkeit. Musik ist dazu da, das Leben der Leute zu verändern.“ Das würde ich gern auch fürs Kino übernehmen. Kino ist kein Luxus, sondern schiere Lebensnotwendigkeit. Film ist dazu da, das Leben der Leute zu verändern. Wenn ich die Meldung lese, dass das Land Berlin gemeinsam mit dem Medienboard Berlin-Brandenburg die Berliner Kinolandschaft mit 6 Millionen Euro fördern will, finde ich das eine klare und gute Ansage trotz all der darauf folgenden geifernden Kommentare, für was Berlin sein Geld gefälligst dringender ausgeben hätte. Darüber zu diskutieren ist müßig. Die einen brauchen keine Philharmoniker, die anderen keine Schwimmbäder, die einen keine Volkshochschulen, die anderen keine Spazierwege. Ich brauche zum Beispiel keine Grundschulen und käme trotzdem nie auf die Idee, zu fragen, warum ich sie mit meinen Steuergeldern mitfinanzieren muss?

Liegend mit hochgelegten Füßen im Kino beschäftigen wir uns allerdings weniger mit solchen Diskussionen als mit kleinen schmutzigen Briefen, dann wieder sitzend mit dem Italien der Nachkriegszeit, denn Morgen ist auch noch ein Tag oder den Gondola Schaffnerinnen in Georgien
Anderntags erfreuen uns der Herrlichkeit des Lebens, lassen uns von Zone of Interest mehr als verstören, bereisen das dänische King’s Land oder genießen andere „kleine“ Filme, die oft europäischer Herkunft sind. Sie stellen ein gutes Gegengewicht zu Dune2, Napoleon, Indiana Jones oder Killers of the Flower Moon dar, die wir natürlich auch alle schauen. Großes Popcorn-Kino ist kein Privileg der Generation U30.
Das Sonntags-Arthauskino um +/-17 Uhr hingegen scheint das Privileg der Ü50 Bevölkerung zu sein. Also das unsere.
Und das nutzen wir.

 


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