Das Dienstags-Arschloch…

An sich bin ich ja ein umgänglicher Mensch, friedfertig und von sonnigem, zuweilen auch eher einfachem Gemüt (und whe – Sie widersprechen!!!). Was sich dieser Kerl aber erlaubt, macht mich wütend.
Um wen geht es?
Das Dienstags-Arschloch. Das kennen Sie nicht? Dann darf ich bekanntmachen…

Ich werde versuchen, ihn zu beschreiben: Denken Sie sich einen Mann etwa Mitte 40 und etwa 1,75m groß, vielleicht ein paar Zentimeter mehr, aber viel kann es nicht sein. Auf die Waage, so schätze ich, bringt er es auf rund 110 Kilo. Also eine kleine Kugel. Er trägt schlabbrige Schwimmshorts, ein verblichenes Weiß mit hellblauen Blümchenmuster – aloha he…
Umringt von drei Mädels, die alle so zwischen 16 und 18 sind, steht dieser pralle Dickmops mitten im Schwimmbad und damit allen im Weg. Mir auch. Und das bei jeder Bahn, die ich schwimme.
Dienstags war ich lange nicht im Schwimmbad, so voll wie an diesem Abend ist es lange nicht gewesen. Die Sportschwimmerbahn ist von einem Verein blockiert, auch eine weitere ist abgesperrt. Das heißt: Wir, das schnöde Volk der zahlenden Schwimmer und Badegäste, drängen sich im Restbecken zusammen.
Das ist eigentlich ein weiterer Grund, nicht einfach halbe Ewigkeiten mitten im Becken stehen zu bleiben, dort, wo die Schwimmkette den Nichtschwimmerbereich markiert. Es soll ja Leute geben, die die ganze Bahn durchschwimmen und nicht nach Dreiviertel der Strecke umdrehen.
Aber das interessiert den Adipösen nicht. Er hält den drei Grazien Vorträge und bei jeder Bahn, die ich schwimme, muss ich an der Wuchtbrumme vorbei. Hin und wieder startet das Kleeblatt ein paar Schwimmzüge. Der Dicke, dessen Körperbehaarung Kronzeuge für Darwins Theorien und die Abstammung des Menschen vom Affen eindrucksvoll belegt, sammelt bei seinen Zügen im Rückenpelz kleine Luftbläschen. Es sprudelt förmlich aus ihm heraus, wenn er durchs Wasser walzt.
Dank der Schwimmbrille sehe ich das gestochen scharf. Ein Bild, das man sich auch ersparen kann, denn es sieht doch einigermaßen fies aus. Ich weiß, das ist nicht fair, aber bitte: Kleine Bläschen, die aus einem Affenpelz steigen: Will man so etwas vor sich im Schwimmbad sehen?
Ich habe keine Ahnung, was dieser Mensch den drei Mädelse erzählt, aber es müssen Schwimmlektionen der Marke Eigenbau sein – vielleicht ein verhinderter Sportlehrer oder Übungsleiter, der Privatlektionen erteilt? Auf alle Fälle bewegen sich die Mädels danach immer wie Pudel mit epileptischen Anfällen im Wasser. Auch nicht gerade attraktiv. Zuckend, strampelnd, die Beine krampfhaft verknotet, ein jämmerliches Bild. Keine Ahnung, wozu das gut sein soll?
Das Schauspiel gibt es jeden Dienstag zu sehen, wie mir ein anderer Schwimmer am darauffolgenden Donnerstag erzählt. Als wir nach getaner Strecke am Beckenrand stehen und schnaufen, kommen wir ins Quatschen.

„Unfassbar, wie voll das am Dienstag war“, stöhnt er. Ich kann das nur bestätigen und erwähne, dass ich normalerweise dienstags nicht zum Schwimmen gehe. Dann erzähle ich ihm von diesem feisten Typen, der mir so auf die Nerven gegangen ist.
Mein Gesprächspartner weiß sofort, wen ich meine. „Der kommt jeden Dienstag. Und immer mit den drei jungen Frauen. Und immer stehen die die ganze Zeit im Weg rum.“
Ich nicke und denke mir: Aha – also ein Dienstags-Arschloch. Das erklärt auch, warum ich mit diesem Typen am Ende zusammengerumpelt bin.
Anfangs habe ich die Bahnenblockade lässig genommen, aber irgendwann nervt das und ich ziehe den Radius etwas enger. Körperkontakt bleibt nicht aus. Aber bitte: Bei der Menschenmenge im Becken berührt man sich sowieso zwangsläufig immer wieder mal. Kein Drama, tut ja nicht weh. Mich streifen auch immer wieder Hände, wenn andere Schwimmer ihre Züge machen. So what?
Für den Kloß ist es aber eine Riesengeschichte.
Irgendwann kommt er mir entgegengeschwommen, streckt den Arm aus, fasst mich an der Schulter und versucht, meinen Oberkörper unter Wasser zu drücken. Ich bin zu überrascht, sofort zu reagieren und höre, als ich wieder auftauche wie durch Watte, ich solle gefälligst lernen, Rücksicht zu nehmen.
„Achten Sie gefälligst darauf, wo Sie schwimmen!“ faucht er mich an.
Weitere Unflätigkeiten, die er mir zuruft, filtern zum Glück meine Earplugs. Aber in dem Moment werden mir drei Dinge schlagartig klar:

  1. Das nächste Mal, wenn mir so ein fetter Mops auf Kollisionskurs im Wasser begegnet, hole ich unverzüglich meine Schwimmpaddel, lege sie an und dann tut das Streifen „aus versehen“ wenigstens weh.
  2. Ich verstehe jetzt, was in der Tierhaltung mit „Crowding Effect“ gemeint ist. Beim zu dichten Aufeinandertreffen zu vieler Individueen auf zu engem Raum wachsen Aggressionen der Individueen untereinander. Es kommt zu feindeligen Handlungen. Da geht es den Zweibeinern nicht anders.
  3. Das Bedürfnis amerikanischer Leinwand-Helden aus einschlägigen C-Movies, die wahllos alles niederballern, was sich bewegt, ist in solchen Momenten nachvollziehbar.

Letzteres ist im Schwimmbad natürlich keine Alternative. Denn dann wäre zwar die Bahn frei, aber das Wasser so siffig zum Weiterschwimmen…


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1 Antwort

  1. Kurt Schaller sagt:

    Vielen Dank für diesen Beitrag.Das gibt es einfach immer und überall. Es gibt immer Menschen, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht haben, anderen im Wege zu stehn. Prinzipiell steht man an der engsten Stelle im Baumarkt und hält ein Schwätzchen, ob beim Straßenfest, auf dem Bahnsteig, egal wo. Am meisten hasse ich die Tür- und Ausgangsblockierer. Ist Dir schon mal aufgefallen wie viele Döddel zum Mantelanziehen, genau im Türrahmen stehn bleiben, wenn es aus dem Kino geht, man bleibt in der Tür stehn um sich den Glimmstengel an zu stecken, wenn es aus dem Lift geht, man bleibt genau im Ausgang stehen um sich um zu sehen. Mit Koffern an jeder Seite wird beim Suchen nach der U Bahn,genau in der Schiebetür stehn geblieben, nur ein Schritt weiter würde keiner gestört,aber das wäre ja uninterssant. Denken verboten und Rücksicht ? Was ist denn das.?