Wenn die Angst nicht mitschwimmen würde… (Teil 2)
Teil 1 lesen Sie, wenn Sie den Mut haben, auf das Bild mit der Hand zu klicken. Darin geht es um die Angst, dass einem Schwimmer im Wasser etwas passieren kann, zum Beispiel ein Badeunfall.
Mindestens genauso groß aber weitaus weniger rational begründbar, ist bei einigen Schwimmern die Angst vor dem, was sich unter einem befindet. Im Schwimmbad ist das der geflieste oder mit Stahl ausgekleidete Boden, der mal mehr mal weniger appetitlich garniert ist mit Haarnadeln, Kaugummis, Pflastern, Zopfgummis und -spangen und anderen Drogeriemarktartikeln. Über Manches möchte man lieber nicht sprechen. Das mag vielleicht bei den Schwimmern Ekel auslösen, dadurch entsteht vielleicht auch ein gewisses Unbehagen, mit diesen Gegenständen in Berührung zu kommen. Wer aber kontinuierlich seine Bahnen schwimmt, hat in der Regel einen Kontakt zum Beckengrund. Die Angst im Schwimmbad aber hält sich in Grenzen… wenn sie überhaupt vorhanden ist.
In Weihern und Seen dürften die gleichen Gegenstände auf dem Grund herumliegen, hinzu kommt Zivilisationsmüll wie Zigarettenkippen, Kronkorken, Glasscherben, Plastikflaschen, Trinkhalme und was Badegäste sonst gern noch ins Wasser werfen. Vielleicht auch alte Fahrräder, Mofas u.ä., die erst versenkt und dann als gestohlen gemeldet werden. Vielleicht ist es einfach auch nur ein Einkaufswagen aus einem nahe gelegenen Supermarkt.
Das Ganze kennt man ja. Aber darum geht es an dieser Stelle eher weniger. Aber da gibt es ja noch die
2. Die Sorge vor dem Monster in der Tiefe
Die heimische Flora und Fauna versetzen heutzutage vielen Menschen offensichtlich in Angst und Schrecken. Das Verhältnis des modernen (Stadt-)Menschen zu wild lebenden Tieren scheint mehr und mehr gestört oder zumindest in ein Ungleichgewicht gebracht: Die einen rufen die Polizei, weil sich ein großer Regenwurm durch den Salat bewegt, weil sie denken, es sei eine Schlange, die anderen verfallen in hysterische Ängste, weil Wölfe auf dem Vormarsch sind und sie sich um Leib und Leben bedroht fühlen. Im Gegenzug halten Kinder zunehmend zutraulichen Wildschweinen trockenes Brot hin und wundern sich, wenn sie in die Finger gebissen werden, weil das Tier danach schnappt. Viel Wissen scheint nicht mehr vorhanden zu sein – warum auch: Bekanntlich töten drei Pferde eine Hornisse (oder war’s andersherum?), das reicht doch an Wissen im Umgang mit freilebenden Tieren…
Was auf dem Land gilt, scheint sich im Wasser 1:1 fortzusetzen, vielleicht sogar noch stärker, weil wir Menschen eben keine Wasserbewohner sind. Wir bewegen uns mehr oder weniger schutzlos im unsicheren Terrain und sind den Bestien und Monstern, die in der Tiefe des Badeweihers auf uns warten, schutzlos ausgeliefert… So zumindest gaukelt es ihnen ihr Gefühl vor.
Aufgepumpt von Bildern aus Hollywood-Filmen von „Anakonda“ bis zum „Weißen Hai“ oder „Piranha“ und sommerlochfüllenden Presseberichten von tödlichen Schlingpflanzen füllt sich die Phantasie mit immer neuen schauerlichen Bildern. Schaut man aber zum Beispiel bei dem verlinkten Artikel näher hin, dann sind es auch hier die fehlenden Schwimmkenntnisse, die den Mädchen im bewachsenen Bereich des Badesees zum Verhängnis wurden. Ein vermeidbarer Unfall.Die tödlichen Gefahren in unseren Gewässern sind oft nur Ausgeburten des eigenen Kopfkinos. Kein einziges heimisches Tier attackiert einen Schwimmer, weil es in ihm eine potentielle Fressbeute sieht. Nicht mal der sagenumwogene Waller steigt aus dem Schlamm hervor. Und der berüchtigte Hecht im Karpfenteich beißt auch nur zu, wenn ich ihm meinen Fuß direkt vor’s Maul auf den Bodengrund stelle und das Tier nicht mehr fliehen kann. Auch wenn RTL in gewohnt blutrünstiger Manier von Hechtattacken auf Menschen berichtet, ein Raubfisch, der auf fette Beute lauert… Sommerlochstoff ist das, nichts weiter.
Bleiben Blutegel: Die halten sich normalerweise nicht in den Schwimmgewässern auf sondern bevorzugen flache, pflanzenreiche und sich schnell erwärmende Gewässer. Und da schwimmt man normalerweise nicht, also ich nicht. Und was es sonst noch so an anderen Wirbellosen im Wasser gibt, sollte uns Schwimmer gar nicht stören, nicht mal dieses merkwürdige Lebewesen auf dem Grund eines Kiessees:
Schlingpflanzen, die sich heimtückisch und plötzlich um einen Fuß winden, mich festhalten und in die Tiefe ziehen, gibt es nicht. Trotzdem meide ich beim Schwimmen die bewachsenen Regionen in Badeseen, ich muss nicht inmitten von See- und Teichrosen schwimmen, also muss ich gar nicht erst in sie hineinschwimmen. Die oft ab Spätsommer im Wasser treibende Wasserpest stört mich hingegen weniger.
Was also bleibt, vor dem man Angst haben könnte: Die möglicherweise ausgesetzten tropischen Tiere wie Schnappschildkröten, Kaimane etc.?
Auch die interessieren sich nicht für einen Schwimmer – wenn sie denn überhaupt existieren und nicht nur Füllstoff für weitere Dürreperioden im deutschen Blätterwald sind und der Phantasie vermeintlicher Augenzeugen entstammen.
Dann vielleicht ein Schwarm ausgehungerter Piranhas?
Na sicher doch… Die haben sich ja in unseren Gewässern mittlerweile überall angesiedelt. Und sie warten hunderte Badegäste, die vor mir im Wasser waren, verschmähend darauf, bis ausgerechnet ich meinen Fuß in den See gesetzt habe. Dann fallen sie über mich her: Das Wasser brodelt, färbt sich blutrot, und nach drei Minuten ist von mir nur noch das Skelett übrig. Fein säuberlich abgenagt, versteht sich.
Oder eben auch nicht – alles nur Kopfkino.
Doch was unser Verstand locker erfasst, muss das Gefühl noch lange nicht akzeptieren. Es gibt viele Menschen, die die Tiere im Wasser eklig finden: Die Fische und vielleicht noch mehr eine Ringelnatter, die sich über die Wasseroberfläche schlängelt oder einen Frosch, der im flachen Wasser auf dem Grund sitzt, genau dort, wo man eigentlich gerade baden gehen wollte.Nur ist die Wahrscheinlichkeit, mit diesen Tieren jemals in Berührung zu kommen, mehr als gering. Denn sie alle sehen in uns eine Bedrohung und reagieren mit Flucht, wenn wir ihnen zu nahe kommen. Zugegeben: Als ich das erste Mal einen großen Karpfen unter mir gesehen habe, der aufgeschreckt davon geschwommen ist, bin ich mich auch im ersten Moment gehörig erschrocken. Dank der Schwimmbrillen sieht man eben auch im Süßwasser hin und wieder etwas unter sich. Dazu ein paar Bilder aus diesem Sommer:
Es gibt nur eine einzige Tierart, der ich im Wasser aus dem Weg gehe: Schwäne, noch dazu mit Nachwuchs.
Der Kopf weiß das alles, aber das Gefühl muss trotzdem überzeugt werden… wer das aber schafft und sich den Blick in das Wasser unter sich zutraut, der wird selbst beim Darüberhinwegschwimmen im trüben Badesee eine Menge entdecken können. Algenklumpen, Totholz, Pflanzenteppiche, besagter Frosch oder eben im klaren Wasser des Mittelmeers Muscheln und Fische. Nichts davon bedroht mich, nichts davon gefährdet mich. Nicht dort, wo ich schwimme.
Ich bin froh, das alles entdecken zu können – nicht beim Schnorcheln, nur beim Schwimmen…
Und den Piranha habe ich durch eine Aquarienscheibe hindurch fotografiert. Also auf in den See. Leute! Noch spielt das Wetter mit.
Oder fürchten Sie sich? Dann schreiben Sie mir doch einfach einen Kommentar unter diesen Beitrag, vor was.
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Ich finde tatsächlich das Pflanzenzeug widerlich, vor allem in kleineren Seen, aber auch sonst. Letztes Jahr ist z.B. die Alster in Hamburg fast umgekippt. Ich bin dort eh nie drin geschwommen, aber viel gepaddelt und SUP ausprobiert und das war schon echt ekelhaft. Außerdem bin ich beim Paddeln auch schon häufiger an toten Viechern (Fische, Ratten, Tauben und andere Leckereien) vorbeigekommen… Wäh. Da bin ich doch lieber im Chlorwasser. Auch wenns im Schwimmbad auch oft nicht gerade appetitlich zugeht.
Ich hab beim Kraulen immer Schiss, dass ich irgendwo gegen schwimme. Das ist im Schwimmbad allerdings am schlimmsten. Vielleicht schwimme ich daher immer so vorsichtig langsam und schaue oft nach oben ?
Ich finde die Algen im Seen total widerlich… ich kriege Panik wenn ich eine aus versehen anfasse haha