01.04.2025: Fastenkalender (28) – Comedian
Es ist ein unverhohlenes Staunen, mit dem ich die Vorgänge um die Dubai-Schokolade im vergangenen Herbst und Winter beobachtet habe, eher ein Wundern. Denn es ist ein ungemein passendes Lehrstück über das, was man gemeinhin als Gesetze des Marktes bezeichnet. Die Nachfrage bestimmt das Angebot und die war so gewaltig, dass bei dieser Schokolade der Verkaufspreis in kurzer Zeit zu schwindelerregender Höhe anstieg. Ob die Schokolade dem gerecht wird, ist dabei ebenso unerheblich wie der Wareneinsatz. Wenn nur genug Leute aberwitzige Preise zu zahlen bereit sind, dann schraubt das den Verkaufspreis nach oben.
Fast ist es wie in der Kunst, wenn eine mit einem Tape an die Wand geklebte Banane mit dem Titel Comedian von Maurizio Cattelan zu einem Preis von 6,2 Millionen Dollar an einen chinesischen Unternehmer verkauft wird. Auch hier bestimmt den Preis, was einer zu zahlen bereit ist.
Nun hängt bei mir keine Banane an der Wand, das ließe sich ggf. aber nachholen und damit der Comedian plagiieren. Es liegt auch keine Dubai-Schokolade im Kühlschrank oder im Wandtresor, ich befürchte sogar, sie schmeckt mir nicht mal. Ich weiß es nicht, ich habe mich nicht dazu hinreißen lassen, sie zu probieren und jetzt ist es ohnehin egal, der Zenit längst überschritten. Der Hype ist abgeklungen oder, um es konfektologisch auszudrücken: Der Drops ist gelutscht.
Würden wir uns wieder der Banane im Comedian zuwenden, dürfte auch deren Zenit überschritten sein. Vermutlich klebt sie längst vergammelt, vermatscht und verschimmelt an der Wand. Vermutlich wird sie mittlerweile auch ohne Tape dort halten und ihren millinenschweren Wert rechtfertigen. Soll sie. Oder sie wurde durch ein frisches Früchtchen ausgetauscht. Aber ist es dann noch das Original? Und darf man das selbst oder muss ein Restaurator bestellt werden, der das Werk in seinen Ursprungszutand zurückversetzt?
Damit muss ich mich zum Glück gar nicht erst beschäftigen und hätte ich die Barmittel, ich würde es nicht. Nicht, dass ich mit modener Kunst nichts anfangen kann, im Gegenteil. Aber sie muss sich mir erschließen. Und das tut Cattelans Comedian nicht.
So richtig erschließen sich mir Erwin Wurms Gurkenskulpturen zwar auch nicht, trotzdem würde ich sie bevorzugen. Seine Gurken sind wenigstens haltbar, Superfood und sie sind im Gegensatz zum Comedian irgendwie komisch. „Jede Gurke ist individuell verschieden“, erläuterte einst Erwin Wurm. „In ihrer Form ist sie ein Sinnbild für die durch männliche Dominanz getriebene Kulturgeschichte. Emporgewachsen und aufgebläht ist sie bedrohlich und gleichzeitig nicht ernst zu nehmen. Trotz der offensichtlichen Absurdität macht sie sich wichtig und drängt sich auf.“ Na bitte, wem wollte sich das nicht erschließen. Das hat Gehalt.
Bei den Comeadians findet sich das eher selten, und dass ich da mal wirklich drüber lachen kann, ist eher selten der Fall.
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Bei mir liegen die Bananen im Kühlschrank und warten darauf gegessen zu werden
Der von dir beschriebenen Kunst kann ich auch nichts abgewinnen.