Norwegen im Frühjahr (#04) – Holmenkollen
Und da haben wir sie dann doch – die Kreuzfahrttourist:innen. Die Aida liegt im Hafen von Oslo, die Menge verteilt sich auf zahlreiche Ausflüge, die angeboten wurden. Die einen radeln durch die Stadt, andere werden zu Fuß durch Oslo geführt, wieder andere fahren mit E-Scootern umher. Und dann gibt es die, die in Busse steigen und sich zum Holmenkollen fahren lassen.
Wir treffen sie dort oben an der weltberühmten Skisprungschanze und Biathlonstrecke. Sie sind kaum zu übersehen dank der bunten Bändchen, die sie um den Hals tragen. Zu überhören sind sie allerdings auch nicht und so wehen Wortfetzen auf Deutsch an unser Ohr, während wir erst auf den Schanzentisch fahren und anschließend das Skimuseum besichtigen.
Motzige Teenager, die ihre Eltern bis aufs Blut reizen, weil sie nach dem Ausflug zum Holmenkollen ein Shopping einfordern und einen Friseurbesuch an Bord samt Strähnchen, das, so meinen sie, hätten sie sich damit verdient, dass sie überhaupt mitgekommen sind. Es gibt meckernde Kinder, denen totlangweilig ist, und von ihren Eltern erst beiseite und dann scharf ins Gebet genommen werden. Und Kommentare draußen wabern Streifetzen durch die Luft von Leuten, die eigentlich gar nicht wissen, warum sie hergekommen sind. „Warum soll ich denn hier in ein Museum gehen, ich geh ja nicht mal zu Hause in Museen!“
Das ist natürlich ein Argument, das unschlagbar ist. Nur kommt man ohne Museum und Eintritt nicht auf die Sprungschanze, also wackeln manche Landgänger eine Weile draußen auf den Tribünen umher, was aber schnell fad wird, die Stimmung trübt und man sich nichts sehnlicher wünscht, als dass der Bus sie alsbald zurück nach Oslo zum Shoppen oder direkt wieder zurück an Bord bringt.
Es ist das übliche Familienurlaubsdilemma, das ganz unabhängig stattfindet, ob man nun per Schiff unterwegs ist oder anders. Gemeinsame Unternehmungen bergen immer die Gefahr, dass das einer der Teilnehmenden das alles richtig Sch… findet und allen anderen den Tag versau. Ich kenne das aus eigener Erfahrung und muss zugeben auch aus eigenem aktiven Zutun. Ich war auch nicht besser, wenn wir im Familienverbund etwas unternahmen, auf das ich wenig Lust hatte und es mich nicht die Bohne interessierte. Da konnte ich auch so richtig richtig ätzend sein und meinen Eltern den Tag nach Strich und Faden verderben.
Warum aber nucht man sich ausgerechnet eine Fahrt zum Holmenkollen, wo es nichts gibt außer einer Skisprungschanze, einem Skimuseum und dem Biathlonzieleinlauf, wenn man so gar nichts damit anfangen? Man weiß es nicht – man kann nur vermuten.
Es ist Montag, die staatlichen Museen haben alle geschlossen, wie auch bei uns, Museumsbesucher:innen wissen das. Kein Munch, kein Schrei. Aber den hatten wir ja auch schon.
Was also tun? Wir lassen uns mit der U-Bahn hinauf auf den Berg zur Skisprungschanze fahren. Den Großteil der Strecke fährt die Bahn überirdisch, Blicke aus dem Fenster zeigen uns die privilegierten Wohnviertel am Rand der norwegischen Hauptstadt.
Auf den Schanzentisch wollen wir unbedingt, schon wegen der famosen Aussicht, das Skimuseum nehmen wir gern mit. Wer selbst auf Bretten gestanden hat, hat auch eine gewisse Affinität dazu, auch wenn Abfahrt und Weitsprung kaum vergleichbar sind. Zudem gibt es im Museum viel über Fridtjof Nansen und Roald Amundsen zu erfahren, deren Expeditionen an Nord- bzw. Südpol hat ja auch viel mit Skiern zu tun hat. Und außerdem lernen wir, dass SK im Norwegischen wie sch ausgesprochen wird, warum es zwar schi heißt, aber so nicht geschrieben wird. Wer es trotzdem tut, ist halt ein Depp. Aber die muss es ja auch geben…
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