Münchner Buidl – immer wieder gern

Budil. U-Bahn Bereich Marienplatz

Münchner Buidl, es werden immer mehr.

Zwei Schätzfragen für alle Münchner ÖPNV-Nutzer:
Wie lange muss man Freitags gegen 10.40 Uhr warten, um so ein Foto (Ohne Menschen) zu machen?
Und wie viel Zeit hat man dafür?
(U-Bahn Marienplatz U6 Richtung Garching)

schrieb ich vor ein paar Wochen in die Facebookgruppe Münchner Buidl und Perspektiven (Fotocoummunity) und lud dieses Bild hoch.
Natürlich ist das eine rein rhetorische Frage, denn ein solches Bild kann nur in den wenigen Minuten gelingen, in denen der Pulk der einen Bahn sich verlaufen, der aus der nächsten fünf Minuten später noch nicht ausgestiegen ist.
Manchmal gelingt es, manchmal nicht. Das ist am Sendlinger Tor, dem wohl belebtesten U-Bahn-Knotenpunkt wenig anders, aber auch dort gibt es Momente, da sich einfach niemand in dem gewählten Bildausschnitt aufhält. Und das am helllichten Tage.

Und natürlich ist alles bei diesem Bild gelogen, denn ganz am hinteren Ende vor der schwarzen Wand stand noch wer am Rand. So langembis die digitale Bildbearbeitung ihn in der Wandfarbe überpinselt hat.
So ehrlich will ich sein.

Wieder einmal ist mit den Monaten ein Bilderbogen entstanden – Fotos, die in München gemacht wurden, denn diese Facebookgruppe ist ein Moloch. Immerfort schreit sie nach neuen Motiven. Als jemand, der nicht in München wohnt, kann ich dieser Aufforderung immer nur dann nachkommen, wenn ich mal wieder in der großen Stadt unterwegs bin und ein paar Bilder mache.
Und es wird mir zum Verhängnis, dass ich weder den Kiez (in dem ich nicht wohne und demzufolge nicht unterwegs bin) intensiv portraitieren kann, noch das Bild der Stadt, das jeder kennt: Also die Straßen, die ich üblicherweise durchlaufe mit hunderttausenden anderer. Denn dort würden nur Bilder entstehen, die es in nicht zu nennender Zahl bereits gibt, Perspektiven und Blicke auf die Sehenswürdigkeiten, auf das München, das jeder kennt. Selbst wenn er nur ein einziges Mal dort war.
Den Uhren Bucherer am Max-Joseph-Platz kennt vermutlich so mancher, wenn auch nur vom Vorbeigehen.  Ich zeige das Bild trotzdem. Was wäre München ohne die Geldigen und deren Geschäfte? Eben. So der Kommentar dazu. Lieber hätte ich es noch gehabt, wenn wer mit dem Rücken zur Kamera vor einem der Schaufenster steht und die Auslagen betrachtet. Aber man kann eben nicht alles haben. Schon gar nicht in München.

Buidl: Rolexgeschäft

Ich finde es spannend, München so zu zeigen, wie man es möglicherweise eher selten sieht, wenn man nicht gerade dort daheim oder aus welchen Gründen auch immer öfter unterwegs ist. Der Rolexladen gehört nun nicht dazu. Aber sei’s drum.
Aber da ist auch das andere München, vielleicht das authentischere, weniger fassadenhafte und aufgesetzte.
Da gibt es  zum Beispiel den rauen, herben oder fast gar nicht vorhandenen Charme unter der Erde. Hier schnappgeschossen am U-Bahnhof Poccistraße, ein Bahnhof, der in die Jahre gekommen ist.

Budil: U-Bahnhof Poccistraße

Nicht weniger uncharmant ist übrigens der Ostbahnhof, vor allem an einem regnerischen Abend im November.
Buidl Ostbahnhof bei Nacht
Das Sch…wetter in München im Winter zeige ich auch – was in besagter Gruppe viel Widerspruch erntete. Sch…wetter gäbe es in München nicht. Manch Münchner ist überzeugt von der erhabenen Herrlichkeit seiner Stadt – zu jeder Tages- und Jahreszeit und vor allem bei jedem Wetter.  Vielleicht ist auch das ein Grund, in dieser Gruppe Buidl zu zeigen, die München weitaus weniger glanzvoll zeigen. Nämlich so, wie es wirklich ist und nicht so, wie es gerne wahrgenommen werden möchte.
Ich finde nämlich doch, dass es Sch…wetter gibt – auch in München.  Schnee und Nebel – das ist fast wie Smog in den 80ern, zumindest von den Lichtverhältnissen, der Grau-in-Grau-Eintrübung und der Grundstimmung her.  Und dann ist es selbst am Marienplatz eher bescheiden.

Was anderes:
Nicht wegzudenken aus München sind die vielen kleinen zumeist grünen Obststandler und -häusl, meist in der Nähe von U-Bahnhöfen und erstaunlich oft an stark befahrenen Straßen ohne jede Haltemöglichkeit. Holzverschläge, Bretterbuden, Nahversorger. Das ist typisch für die Stadt, aber eben dort, wo München sich nach außen stülpt. Anderswo ständen da vielleicht Kioske, Büdchen, Trinkhallen.

Im Dezember betrat ich mal wieder an einem Freitag morgen die Heiliggeistkirche im Tal. Sie ist dicht umlagert von Bettlern. Nirgends sind die Gegensätze krasser als an der Einmündung zum Viktualienmarkt. Dem einen fehlt es an jedem Cent, während ein anderer lächelnd 4 Euro für drei Mandarinen auf den Zahlteller am Obststand auf dem Markt hinlegt.
Ich richtete meine Kamera öfter auf einen Bettler, warum ich das mache steht hier.
Es entstand so ein Bild, das als einziges der in diesem Beitrag gezeigten nicht in der FB-Gruppe gelandet ist. Ich mag die unsäglichen Diskussionen über Bettler in den Straßen im Netz einfach nicht mehr lesen und ich fürchte, dass es eh nur wieder all die üblichen Whataboutism-Kommentare, Vorurteile, Ressentiments, rechten Parolen, die untersten sozialen Schichten gegeneinander auszuspielen und auf den Staat zu schimpfen etc. provoziert.
Im Blog hier habe ich es allerdings schon mal gezeigt im verlinkten Beitrag Zu unseren Füßen.

Buidl Bettler im Schnee

Während draußen der Schnee fällt, das Wetter eben doch sch… ist, ist es in der Heiliggeistkirche fast schon heimelig. Und es ist enorm still. Keine Touristenmassen wie im Dom oder der Michaelskirche, nur ein paar betende, ältere Menschen. Es ist genug Zeit für ein paar Buidl.

Ein paar Wochen später stehen wir zu Füßen des Maxmonuments und warten auf die Straßenbahn, die uns zum Stachus bringen soll. Als plötzlich die Sonne über der Thierschstraße aus den Wolken  durchzubrechen scheint, muss ich eben schnell noch ein Foto machen. Es geht eben nicht anders.

Und dann ist da noch ein Bild von einer Vernissage in den Geschäftsräumen von Occhio (ja genau, der Lampenhersteller, der mit Mats Mikkelsen wirbt). Ich konnte es mir nicht verkneifen, als die Vernissage auf die Straße ausfranste (woran immer die Raucher schuld sind), dort ein Buidl für die FB Community zu machen. Ein Foto von den Gästen einer Fotoausstellungseröffnung.
Selbstverständlich schwarz-weiß. Das gehört sich schließlich für solche Anlässe so. So wie solche Veranstaltungen eben zu München gehören.

Der Münchner Bilderbogen wird sicher hier weitergeführt. Denn es gibt noch viel zu entdecken, zu fotografieren, Buidl auf FB zu posten und dann hier zu zeigen. Es wäre zu schade, sie nur der FB-Community zu präsentieren.


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2 Antworten

  1. Inga sagt:

    Sehr interessante Bilder, München einmal ganz anders betrachtet. Momentan habe wir echtes Schietwetter in München und das schon seit Tagen.

  2. Eine aus der Liste der Likes hat mir dies Blog verlinkt, also bin ich gleich hierher geeilt. – Eine andere von den Likern war für wenige Tage meine nette Quartiergeberin, als ich endlich mal München in 4 Tagen ein wenig genauer kennen lernen wollte. – Und als ich dann auf dem Weg zum Viktualienmarkt meinen Fotoapparat an meinem Frühstücks“quartier“ habe liegen gelassen, der nach 10 Minuten natürlich nicht mehr da war, sank meine Freude über den sehr teuren Markt ins Bodenlose.
    Ich bin ja gerade in den letzten Zügen über die (angeblich) 30 schönsten U-Bahnhöfe Berlins. Auch ich wurde sehr oft gefragt, wie ich die Fotos so menschenarm bekommen habe – auf jeden Fall nicht mit Photoshop oder so :-) ;-)
    Zusätzlich haben einige aus der nächsten Verwandtschaftsgeneration in Bochum studiert, ich bin zufällig in Bayern geboren, an der polnischen Grenze aufgewachsen und in Berlin Ost + West erwachsen geworden.
    Ich werde mal aus Neugier das Blog abonnieren und lesen.
    Das mit den Bettlern und Obdachlosen ist mir beim Streifen durch die Berliner „Unterwelt“ auch erschreckend oft aofgefallen.
    Und tschüss sagt Clara

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