Im Weiher als der Regen fiel

Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal bei strömendem Regen in einem See war, es muss einige Jahre her sein. Dabei stört mich der Regen beim Schwimmen eigentlich wenig, nass bin ich ja sowieso.
Was aber bedacht sein will, ist die Frage, ob es ein geeignetes Plätzchen am Ufer gibt, um die Garderobe regensicher zu deponieren und sich später umzuziehen. Denn das macht mir sehr wohl was aus. Ich will mich weder im strömenden Regen abtrocknen, was ein hoffnungsloses Unterfangen ist noch klatschnass ins Auto steigen und nach Hause fahren.
Ich bin eben ein Schönwetter- und Genussschwimmer.
Meistens.

Da aber Regenschauer angesagt sind und ich trotzdem nach der Arbeit schwimmen gehen will, wähle ich für meinen Abstecher nach Feierabend den Garchinger See aus. Wahrlich kein nennenswertes Schwimmrevier, ein etwas größerer Teich, der zum Baden und Planschen im Sommer richtig gut geeignet ist, aber nicht, um wirklich zu schwimmen. Da sollte man dann eher das Weite(re) (auf)suchen – zum Beispiel den wenige Kilometer entfernten Hollerner See.
Aber der Wetterbericht lässt wenig Gutes für den Abend erwarten. Da ist es sinnvoller, in einen See zu steigen, bei dem ich, falls etwas sein sollte, sehr schnell von überall aus das Ufer erreichen und ihn verlassen kann.

Das spricht für den kleineren See und da kommt mir der Garchinger sehr zu pass. Da war ich vor zwei Jahren das letzte und zugleich das einzige mal. Bei diesem Kurzbesuch fand ich ihn nicht so überzeugend, er verdient auf jeden Fall ein zweites Kennenlernen und Hinschauen.

Nur ein paar Spaziergänger, Jogger und Radfahrer umrunden den See, der erstaunlich friedlich daliegt, ein wenig wie eingemottet für den Winter, würde nicht noch eine Schwimmerin unterwegs sein und die 14 Graugänse immer wieder in leichte Erregung bringen. Bei dem angekündigten Wetter und den dunklen Wolken, die sich heranschieben, ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Wiesen leer sind.

Der Regen ist im Anmarsch, es ist buchstäblich die Ruhe vor dem Sturm. Nur am nahegelegenen Beachvolleyballfeld spielen ein paar Jugendliche. Alle in kurzen Hosen, alle mit nacktem Oberkörper. Auch sie können oder wollen sich vom Sommer nicht verabschieden. Ich kann das mehr als gut verstehen.
Abschied nehmen müssen sie nicht, das übernimmt der Sommer von sich aus für uns alle.

Vielleicht an genau diesem Tag.
Denn Wind kommt auf, treibt die Wolken vor sich her und legt das Schilf flach. Ahornblätter segeln ins Wasser. Der See ist nicht groß genug für Wellenbildung oder Strömungen, es ist also egal, wo und wie ich schwimme. Aber ich bleibe im Nordteil, denn im Süden ist das Wasser kaum wadentief, da ist mit Schwimmen gar nichts möglich. Einige Male geht es hinüber zum gegenüberliegenden Ufer, dann zu dem Felsbrocken am nordwestlichen Eck und um die Schwimminsel.

Die ersten Regentropfen klatschen plötzlich neben mir ins Wasser. Es werden mehr und mehr. Schließlich schüttet es aus Kübeln.

Aber nass bin ich sowieso. Nur wird es irgendwann etwas frisch.
Als ich das Wasser verlasse, bin ich froh, dass mein Rucksack mit Handtuch und Garderobe im Trockenen unter dem Vordach der verrammelten Hütte des Anglervereins liegt. So ganz traue ich ihm dann doch nicht über den Weg, obwohl er angeblich regendicht sein soll. Probiert habe ich es bisher aber noch nicht.
Während ich mich abtrockne, öffnet Petrus auch noch die letzten Schleusen. Der Wind hingegen lässt nach, dieses sonderbare Windspiel auf der Boje mitten im See dreht sich nicht mehr. Jetzt sieht es aus wie eine versinkender kleiner Roboter, wie mir eine Kollegin antwortet, als ich ihr dieses Foto schicke.

Da hat sie recht.
Unter dem Vordach der Hütte lässt es sich gut abwarten, bis die ärgsten Schauer durch sind. Denn selbst die wenigen Meter hinauf zum Parkplatz würden ausreichen, meine Kleidung bis auf die Haut zu durchnässen.  Doch da bekanntlich auf Regen Sonnenschein folgt (zumindest im einschlägigen Liedgut), übe ich mich ein wenig in Geduld. Am Horizont wird es schon wieder heller.
Den Abend beende ich mit der Erkenntnis, die den letzten Zweifel ausräumt: Der Herbst ist nun da.

… was nicht zwingend heißt, dass nun mit dem Schwimmen im Freiwasser nach Feierabend Schluss ist.
Ein wenig geht noch.
Noch.


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