Auf in den Osten von Oberbayern
Der Blick richtet sich nach Osten. Da war doch noch was… Weitere Seen in Oberbayern wollen erkundet werden.
Weit ist der Sommer fortgeschritten, der Hochsommer zusammengebrochen, die Nächte sind kühl, Gewitter haben die Seen deutlich abkühlen lassen, aber noch ist die Freiwassersaison nicht vorbei. Und das heißt: Ich kann dem Wöhrsee in Burghausen einen Besuch abstatten. Der nämlich gehört auch zu den bekannteren Gewässern seiner Art, zum einen, weil er zum Fuß der sehr berühmten Burg gelegen ist, zum anderen, weil er winters ein Eldorado für Eiswasserschwimmer darstellt.
Auf dem Weg nach Burghausen komme ich mehr oder weniger am Marktler Badesee vorbei, in dem ich Ende September 2024 schon mal war. Das ist eine gute Gelegenheit für eine zweite Runde:
1. Marktler Badesee
Das wohl Markanteste an diesem kleinen Badesee ist seine Brücke zwischen dem West- und Ostteil des ehemaligen Altarms am Inn. Sie verbindet die Nord- und Südufer mit den Badeplätzen an der schmalsten und zugleich flachsten Stelle des Sees.
Die Wassertiefe beträgt hier etwas mehr als einen Meter, schwimmen unter der Brücke geht so gerade noch, springen von der Brücke wäre also im wahrsten Wortsinn halsbrecherisch und ist daher aus guten Gründen verboten. Alternativ dazu wurde in der Nähe der Wasserwacht ein Sprungturm errichtet, der aber angesichts der frühen Tageszeit meines Besuchs noch nicht frequentiert wird.
Überhaupt ist es bemerkenswert ruhig am See – einige emsige Schwimmer:innen, einige wenige, die bereits in der Sonne liegen, allesamt Menschen, die vormittags unter der Woche Zeit haben – so viele sind das ja nicht. Ü60 dominiert das Geschehen.
Die aber, die die Zeit haben oder sie sich genommen haben, genießen die Ruhe, die Spätsommer-Wärme, noch ist es nicht übermäßig heiß.
Unterbrochen wird die Ruhe nur durch das regelmäßige Geratter der vorbei fahrenden Regionalzüge, denn der Bahndamm verläuft direkt zwischen See und Inn. Und wenn nicht der Regionalzug von oder nach München über die Gleise ruckelt, dann sind es endlos lange Güterzüge mit Tankwagen, die aus dem Chemiedreieck Burghausen kommen und nach Westen fahren.
Mich stört das nicht, es ist mal was anderes als der Fluglärm über den Kiesweihern längs der A 92 in meinem Revier. Und beim Schwimmen ist das sowieso irrelevant, da ich da meistens Silikonstöpsel in den Ohren habe.
Ein knappes Stündchen halte ich mich am Marktler Badesee auf; schwimmend, dann etwas in der Sonne aufwärmend und nach dem Wechsel der Garderobe geht es weiter nach Burghausen.
2. Wöhrsee
Es ist ein kurzer Weg über den Inn – theoretisch. Praktisch ist des ein längerer. Wegen Sanierungsarbeiten ist die Brücke gesperrt, dann nehme ich halt die Nächste.
Vor dem Schwimmen mache ich einen Halt an der Burg, im Haus der Fotografie gibt es eine bemerkenswerte Ausstellung. Walk of Water. Es geht überwiegend um den Verlust an Wasser in vielen Regionen der Erde, aber auch um ein Zuviel, also Überschwemmungen und dem Anstieg der Meeresspiegel. 20 Fotoprojekte rings um den Globus präsentieren den verheerenden Eingriff der Menschen in Ökosysteme und die Folgen davon, erste Opfer sind Natur, Umwelt, Flora und Fauna, und dann trifft es eben auch gnadenlos die Menschen.
Das stimmt nachdenklich, vor allem angesichts der Bilder austrocknender Regionen, und es ist fast schon beschämend angesichts der Wasserfülle hierzulande.
Zu Füßen der Burg liegt der Wöhrsee, zum Schwimmen ist er nicht gerade besonders reizvoll, wenn es nur darum geht, Strecke zu machen. Aber das tut es hier nicht. Hier zählt der Blick auf die Festungsanlage, hier zählt der Charme des alten Strandbades mit seinen Stegen und Umkleidekabinen.
Das ist so charmant, so retro – stilecht bewegen sich hier überwiegend die Senior:innen, während es sich Familien und Jungvolk eher auf der Liegewiese bequem machen.
Und passend dazu dominieren hier auch Badeanzüge und Badehosen in Slip- oder Kastenform. Bikinis oder Beach-Shorts spielen in diesem Teil des Bades kaum eine Rolle. Es ist irgendwie, als sei die Zeit stehen geblieben. Und zwar vor längerem.
Ich starte am Ufer des Strandbades, bin überrascht, wie kalt das Wasser ist (Hallo, das ist das Revier der Eisschwimmer im Winter!) und stehe an einer Treppe neben einer Frau, die sehr zögerlich ist, ob sie überhaupt in den See gehen soll. Sie nickt mir zu, macht die Geste des Bibberns und murmelt: „Is scho recht koid!“
Aber sie meint gar nicht mich sondern eine Freundin, die hinter mir steht. „Ja?“ fragt diese und beide Frauen entscheiden, doch nicht ins Wasser zu steigen. Dann halt nicht.
Ich schätze den See auf etwa 21 oder 22 °C Wassertemperatur, also durchaus akzeptabel, vor allem in den Bereichen, in denen wenig geschwommen, gebadet, geplanscht und gesprungen wird, wo kälteres Wasser von tieferen Schichten hochgewirbelt wird.
Mein Ziel ist die Badeinsel im nördlichen Teil des Sees, ich weiß nicht genau, was mir die weiße Boje auf gleicher Höhe sagen will. Ist das das Ende des bewachten Bereichs oder ist ab hier Sperrzone für Schwimmer? Oder trennt sie den Bereich am Westufer, auf dem Tret- und Ruderboote entlang fahren, von den Schwimmenden?
Das alles ist sehr rätselhaft. Darf ich also zur stählernen Welle weiterschwimmen?
Wer viel fragt, bekommt viele Antworten, wer viel zaudert, kommt zu nichts. Also schwimme ich einfach weiter zur Welle. Ich orientiere mich an einigen anderen, die das auch machen. Vermutlich sind das Hiesige, die wissen schon, ob das erlaubt ist.
Falls nicht – zu spät.
Aber es ist auch niemand da, der mich zurückpfeifen könnte…
Beim Verlassen des Wöhrsees steigen gerade eine Mutter und ihre Tochter im Teenageralter in das Wasser.
„Also komfortabel ist ja was Anderes!“ beschwert sich Frau Mama, mutmaßlich über die Wassertemperatur während die Tochter schon bis zum Hals im Wasser steht und wartet.
Ach ja? Was denn zum Beispiel?
Nein, ich frage das nicht.
3. Abtsdorfer See
Knapp 30 Kilometer Luftlinie entfernt liegt der Abtsdorfer See, sehr weit im Osten und damit nah an der Grenze nach Österreich. Damit ist er einer der östlichsten Seen Oberbayerns. Übrigens auch einer der Wärmsten, wenn ich den auf Wassertemperatur.org angezeigten Temperaturen für Bayerische Seen trauen kann. Die Seite rufe ich regelmäßig auf bevor ich irgendwo hinfahre – für den Abtsdorfer See sind nur noch 23 °C gemeldet, der war auch schon deutlich wärmer in diesem Jahr.
„Durch seine geringe Wassertiefe von maximal 20 Metern und die flachen Zuflüsse erwärmt sich der Abtsdorfer See schon im Frühjahr sehr stark. Da er zudem an vielen Stellen frei zugänglich ist, ist er ein idealer Badesee. Tatsächlich ist der Abtsee der wärmste Badesee in Oberbayern.“ preist ihn der Landkreis Berchtesgaden auf seiner Webseite an.
Das ist natürich Grund genug, sehr schön soll es dort im Rupertiwinkel sein, ein wenig ab von den touristischen Strömen, kein Geheimtipp aber trotzdem nicht gnadenlos überlaufen. Und so ist es dann auch. Am nordwestlichen Ende gibt es einen Campingplatz, eine Badestelle und die Seeterasse. „Genuss mit Aussicht“ verspricht der Wirt.
Beides ist gegeben – die Menschenmenge hält sich sehr in Grenzen, etwas weiter östlich gibt es eine Freizeitanlage, da ist es offenbar voller, wie ich vom Wasser aus später sehe. Schöne Aussicht kann ich bestätigen, in der Ferne sieht man die Berge, das Schwimmen ist ein Genuss. Der Wirt meinte zwar etwas anderes, aber da ich bereits in Burghausen Brotzeit gemacht habe, halte ich mich hier zurück. Vielleicht beim zweiten Besuch?
Zwischen beiden Badeplätzen liegt das Schloss Abtsee – eine gediegene Event-Location und zum anderen eine Privatklinik für psychiatrische Erkrankungen.
Es nimmt einige Zeit in Anspruch, von der Wasserseite aus ein Bild zu machen, auf dem nicht der kleine Bagger, der links neben dem Schloss die Erde aufwühlt, mit im Bild zu haben – Zeit, in der es im See dann doch etwas frisch wird.
Aber was tut man nicht alles für ein Schlossbildchen? Es ist ja nicht das erste Mal, dass ich den Wasserweg beschreiten muss, am Schloss Hartmannsberg war es ja genauso.
Nr. 126 und 127 meiner oberbayerischen Freigewässer sind mit diesem Ausflug abgehakt. Damit habe ich 2024 bisher 22 neue Seen und Weiher und dazu einen kleinen Fluss schwimmend erkundet.
Kommt dieses Jahr noch mehr?
Mal abwarten: Die Tage werden deutlich kürzer, das Wasser wird spürbar kälter.
Es ist aber auch nicht schlimm, wenn nicht. Dann bleibt noch Neues 2025 – vielleicht komme ich ja auf 150…
Vielen Dank fürs Lesen. Wenn Ihnen dieser Artikel gefallen hat, dann freue ich mich, wenn Sie ihn Ihren Freunden weiterempfehlen – z.B. über Facebook, Twitter, in Internetforen, Facebookgruppen o.ä. Haben Sie Fragen oder Anmerkungen zu diesem Beitrag? Dann nutzen Sie bitte das Kommentarfeld. Gern dürfen Sie meine Artikel auch verlinken.
Wenn Ihnen dieser Beitrag gut gefallen hat und Sie mir spontan einen Kaffee spendieren wollen, dann klicken Sie bitte auf den Kaffeebecher. Mehr dazu hier.
In meinem Webshop finden Sie ganz neu und exklusiv das Fotobuch Schmetterlinge und Wasserfälle – Bilder und Notizen einer Reise durch Bosnien und Herzegowina. Weiterhin sind im Webshop u.a. auch erhältlich: Mein Fotobuch Im Süden – Bilder eines guten Jahres und die fünf Fotobücher von Ursula Zeidler: Freie Schnauze – Weideschweine, Paare, Münchner Freiheiten – Zwei Jahre Theresienwiese April 2019 – April 2021, Augenblicke, und einfach Kinder.