Nett mit Mett… (Berlin 2)

„Das haben wir nicht“, antwortet mir beim samstäglichen Einkauf die Metzgerin im Nachbarsdorf. Dann erklärt sie mir, dass Mett eben überhaupt nicht in Oberbayern verlangt werde, zumindest nicht auf dem Land. Dort verzehren die Handwerker bei ihren Brotzeiten eben Leberkassemmel. Die Essenskultur sei eben eine andere. Das sehe ich ein.
Es ist völlig sinnlos, Mett anzufertigen, wenn es am Ende keiner isst… und wir wissen ja, was der Bauer nicht kennt, das isst er auch nicht.
Für mich ist das zwar kein Drama, aber schade ist das schon. Denn
1. bin ich weder Bayer noch Bauer
2. esse ich sehr gern Mett – am liebsten roh gestrichen auf ein Brötchen mit rohen Zwiebeln.

Natürlich bekomme ich in den größeren Städten und den Wursttheken der Supermärkte Mett, aber eben nicht beim Metzger meines Vertrauens. Das betrübt mich so sehr, dass ich in die Hauptstadt des Metts reise, also nach Berlin, zufälligerweise nicht nur Metthauptstadt, sondern auch Hauptstadt der Republik, also der unseren, der deutschen… Die kulturellen Unterschiede zwischen dem dörflichen Leben in Oberbayern und den Wohnvierteln der Hauptstadt sind erheblich.

In Berlin gibt es natürlich auch kein Mett, zumindest heißt es nicht so. Der echte Berliner und besonders die vielen Zugezogenen in den Hipstervierteln nennen es Hackepeter. Das sollen sie, als Zugorasta in Bayern sage ich ja auch Semmel statt Brötchen, schließlich will ich ja beim Bäcker bedient werden, und vielleicht versteht der mich sonst nicht. mett3
Und es heißt auch nicht Semmel und auch nicht Brötchen. Es heißt Stulle, wie ich bei einem Berliner Blogger nachlese: Mettstulle. Von mir aus auch das.

Ich bin da ganz entspannt, als ich Ende März im tiefsten Berliner Osten an einem Samstag Mittag an der Theke eines Backshops stehe. Genau genommen ist das kein Shop sondern nur die obligatorische Ausbuchtung eines Supermarktes, in den sich eine Bäckerei-Kette einen Tresen hat einbauen lassen. Dort wird neben allerlei Backwerk auch der eine oder andere Imbiss angeboten, für erstaunlich kleines Geld, wie ich bemerkte. Verglichen mit Münchner Preisen sind das echte Schnäppchen und dies geschieht wohl sehr zur Freude der Anwohner in dieser eher trostlosen Plattenbautsiedlung irgendwo in Lichtenfelde. Die Plattenbau-Bewohner nämlich pilgern in der Mittagszeit scharenweise zum Bäcker und kaufen sich für 2 bis 3 Euro eine Tasse Suppe und eine Schrippe.
Zumindest kommt mir das so vor, als ich über Mittag das Tagungshotel verlasse und mir die Beine vertreten will. Einigermaßen betrübt und doch fasziniert über diese trostlose Gegend direkt gegenüber dem Tierpark entdecke ich den Supermarkt mit der Backtheke in einem sonst eher trostlosen kleinen Einkaufszentrum. So entschließe ich mich, dort meine Brotzeit (auch so ein bayerischer Ausdruck, den kein Berliner versteht) zu holen. Ich reihe mich zwischen Rentnern ein, bei denen sich mir der Verdacht aufdrängt, das ist gerade ihre einzige Unterbrechung im monotonen Tagesablauf. Mittags verlassen sie die Wohnung, fahren mit dem Fahrstuhl in einem der Wohntürme hinunter und gehen gemächlichen Schrittes zum Bäcker. Sie zögern das Gespräch mit der Mitarbeiterin hinter der Theke endlos lange heraus, vermutlich, weil sie sonst niemandem haben, mit dem sie reden können.
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Irgendwann habe ich mal im Netz gelesen, dass es auch gut sein könne, dass die alten Leute so lange in ihrem Portemonaie nach Kleingeld kramen, weil sie kein großes drin haben. Und sie überschlagen erst mal, was sie sich überhaupt noch leisten können. Das hat mich in solchen Situationen bescheiden und geduldig werden lassen, anders als der Anzugträger vor mir, der es nachgerade unverschämt findet, so lange warten zu müssen.
In der Auslage entdecke ich zwei Mettstullen. Nur noch zwei! Aber ich habe Glück. Als ich an der Reihe bin, sind beide noch verfügbar. Als ich bezahlt habe, sind sie es nicht mehr.

 

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Genüßlich verzehre ich sie beide auf einer Parkbank zwischen den Betonklötzen. Dann geht es zurück zum Hotel. Das Hausnummernschild am Hotel lässt mich dann doch grinsen: Berlin hat uns was voraus. Zumindest Mett (*)

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(*) Mittlerweile aber hat mir meine Metzgerin versprochen, wenn ich am Freitag vorbestelle, wird sie am Samstag eine große Portion Mett machen – nur für mich. Ich werde das unmoralische Angebot annehmen. Seien Sie sicher…

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3 Antworten

  1. Alexander sagt:

    Jetzt habe ich eine vielleicht saudumme Frage, wieso lässt du dir in deiner Metzgerei eigentlich nicht einfach ein Schweiners durch den Wolf drehen? Pfeffer, Salz, Zwiefel, fertig, oder hab ich da irgendwas übersehen? Oder ein Rinderfilet, ist eh besser und du hast einen Tartar …
    Oder du fieselst die dunklen und hellen Anteile aus deinem Bolognese-Hack auseinander, dann gibts sowohl als auch …

    Ich hab bei uns einmal vor einem Fest die Metzgerin gefragt, wieviel Mett ich für einen Mett Igel brauche, da war ganz grosses Hallo …

  2. Lichtenfelde, soso. Hier mal ein wenig Nachhilfe: Es gibt Lichtenberg, Friedrichsfelde, Lichtenrade, Hakenfelde.

    Das Foto sieht aus wie Friedrichsfelde, ein Ortsteil von Lichtenberg. Passt ja dann. :)

    Und hey, keine Bauarbeitermarmelade im Ort? Ein Grund zum Auswandern.

    Lass es dir schmecken.

    • Lutz Prauser sagt:

      He he…. Es ist Friedrichsfelde. Stimmt. Ich bitte um Nachsicht. Für mich ist das alles eins.
      Aber mittlerweile hat mein Metzger mir versprochen, auf Vorbestellung Mett zu machen- Und das im tiefsten Oberbayern :-)

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