Challenge 2017 (Teil 2): Der Schrecken der Kurgäste

Ich gebe zu, ich zögere etwas, als ich diese Tür durchschreite, ob ich das, was ich hier gleich treiben werde, berechtigterweise als Teil meiner Challenge 2017 auffasse. Denn es lässt sich darüber streiten, ob unter der Aufforderung an mich selbst, ein fremdes Hallenbad zu besuchen, auch ein Hotelschwimmbad gemeint sein könnte. Ein Hallenbad ist das ja nicht gerade…
Trotzdem! Schon aus Prinzip!
Das vergangene Wochenende verbrachte ich auf einer Tagung im Maritim-Hotel in Bad Wildungen. Da ich wusste, dass es im Hotel ein Schwimmbad gibt, nahm ich die notwendigsten Schwimmutensilien mit: Badehose, Handtuch (ein eigenes ist mir lieber im Schwimmbad), Earplugs, Schwimmbrille und Paddles. Letzteres ein Wagnis, aber vielleicht geht ja was. Den Pullbuoy ließ ich daheim, der nimmt im Koffer zu viel Platz weg. Ach ja: Die kleine blaue Unterwasserkamera war natürlich auch dabei.
Schnell ist direkt nach dem Einchecken, das Zimmer bezogen und nun geht es noch vor Tagungsbeginn ins Schwimmbad. Erholung von der Anreise mit der Deutschen Bahn, die mich durch ganz wunderbare Ortschaften führte:
Ich stopfe also mein Schwimmzeug schnell in eine Plastiktüte, die ich für den Heimtransport der feuchten Schwimmsachen auch eingepackt habe, und marschiere durch die kilometerlangen Hotelflure zum Schwimmbad. Erst, als ich dort in Badehose vor dem Becken stehe, merke ich, dass ich die Chlorbrille und die Earplugs im Zimmer vergessen habe. Also Jeans und T-Shirt wieder an, Strümpfe und Schuhe spare ich mir, und barfuß schnell zurück zum Zimmer.
Oh – welch Überraschung: Die Türöffnerkarte funktioniert nicht mehr. Sie war wohl zu nah am Handy. Also wieder runter, barfuß zur Rezeption, sich anglotzen lassen, neue Karte holen, wieder rauf, Brille holen, wieder runter. Und endlich ab ins Wasser. Nächster Fehler: Der Spind hätte zum Verriegeln einen Euro gewünscht, den habe ich natürlich nicht dabei. Also bleibt er offen, noch einmal marschiere ich nicht durch das ganze Hotel…
Mich erwartet das übliche Hotelschwimmbad, schön gestaltet, ein putziges Becken, Liegen, Decken – eben all das, was Kurgäste so schätzen.
Was Kurgäste hingegen weniger schätzen, sind Schwimmer im Schwimmbecken. Und mit genau so einem bekommen sie es jetzt zu tun.
Nicht jeden erfreut es, wenn ich ganz am Beckenrand meine Bahnen ziehe: Immer hin und her, in schneller Folge mit unglaublich dicht aufeinanderfolgenden Wenden. Ich fühle mich irgendwie wie ein Seelöwe in einem viel zu kleinem Bassin im Zoo. Kaum hab ich mich am Ufer abgestoßen, ein- oder zweimal Luft geholt, bin ich schon an der anderen Seite.
Egal – da muss ich jetzt durch.
Und die anderen auch.
Ich schätze das Becken auf 12,5m – viele Hotelschwimmbäder haben diese Länge und daher rechne ich aus, dass ich bei meinen geliebten 3,5km insgesamt 280 Bahnen schwimmen werde. Und das mache ich dann auch.
Leute kommen und gehen, einige wohl eher als geplant, der Irre macht zu viel Wellen.
Der Irre, das bin ich. Und ich bleibe… und kraule. Und kraule und kraule.
Erst als ich fertig bin, bemerke ich, dass ich mittlerweile ganz alleine bin. Nach dem Duschen liegt das Becken spiegelglatt vor mir – jetzt eine Arschbombe mit Anlauf, das wär’s. Im Gehen entdecke ich ein Schild, dass mir die Beckenmaße mit 15mx8m angibt. Also waren das nicht 3,5km, sondern 4,2km. Das ist gut für die Statistik.
Tags drauf gehöre ich – was für mich eine Seltenheit ist – zu den Frühschwimmern. Noch vor dem Frühstück will ich 140 Bahnen schwimmen, also 2,1km. Mehr soll es gar nicht sein, aber selbst die werden zum Ärgernis. Weniger für mich als für drei ältere Herrschaften, die sich durch mich bedroht und bedrängt fühlen.
Denn ich schwimme wieder. Einfach so. Wie unverschämt!

Das macht Wellen und gelegentlich spritzt etwas Wasser. So sehr ich mich bemühe, am Rand zu bleiben, einige Kurhotelgäste im fortgeschrittenen Alter, die sich ins restliche Becken zusammengedrängt fühlen (dabei ist genug Platz für uns alle), sind genervt. So etwas sind sie in ihrer Behäbigkeit nicht gewohnt.
Und so vernehme ich, dass eine alte Frau wütend das Becken verlässt und mich im Gehen vom Rand aus beschimpft. Die Earplugs lassen in der kurzen Sekunde, in der ich am Beckenrand wende, nur die Satzfetzen „Rücksicht… ältere Herrschaften“ durch, dann bin ich schon wieder davongeschossen. Das ist übrigens auch der Moment, an dem ich entscheide, bei der nächsten Wende die Paddel des Todes anzulegen, auf die ich zuvor aus lauter Rücksichtnahme verzichtet hatte. Jetzt erst recht nicht.
Meine komplette Ignoranz scheint die alte Frau noch mehr zu ärgern. Niemand hört auf sie.
Doch. Ein älteres Ehepaar stimmt in das Gejaule mit ein und setzt das Gemecker später im Frühstücksraum unter allerlei Empörung fort – was wiederum Freundin Ute, die ebenfalls an der Tagung teilnimmt, mitbekommt und mir postwendend und grinsend erzählt.
„Da kann es ja nur um Dich gegangen sein…“ lacht sie.
„Yes my dear! Ein Schwimmbad ist nun mal zu schwimmen da. Wer planschen will, kann sich auch im Zimmer in die Badewanne legen.“ Da sind wir uns einig.
Mission completed!

Und Teil 2 der Challenge auch.
Sollte 2018 die Tagung wieder in Bad Wildungen sein, werde ich zusätzlich noch die neue Skull-Cap mitnehmen. So viel ist sicher. Aber vielleicht wird ja bis dahin ein Schild aufgehängt, dass das Schwimmen im Schwimmbad mit Rücksicht auf die Schwimmbadbesucher verboten ist. Würde mich nicht wundern.


challenge2017-kopieAlle Aufgaben im Überblick:
Erledigt: 5.000 am Stück, Fremdes Hallenbad,
Noch offen: Jahressoll 455 km /  Ammersee von A nach B / Rollwende üben / 4 neue Seen (See 1, See 2, See 3, See 4) / Fremdes Freibad /  Chiemsee-Querung / Chiemsee Extratour / Langbürgner See / Erster im Erdinger Freibad / Drei Badehosen wegschmeißen / Vollmondschwimmen / Goldene Stunde


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